Woche 99 – Outdoor-Abenteuer in Hokkaido
Montag und Dienstag, 31.08.15 und 01.09.15
Zugtage… Wir müssen uns heute von unserer lieben Naoko verabschieden. Wir hatten eine wunderschöne Zeit mit ihr und als wir schließlich mit unseren gepackten Rucksäcken bei ihr im Flur stehen, ist sie völlig überrascht. Irgendwie hatten wir uns missverstanden und sie dachte, wir fahren heute nur zum Hauptbahnhof, um uns die Tickets für unsere Reise zu kaufen. Naja, wir verabschieden uns also von ihr (Bild 1) und treten unsere lange Zugreise an, die insgesamt 2 volle Tage dauern wird (Bild 2). Von Sendai aus fahren wir nach Norden bis Aomori. Dort werden wir 22 Uhr in den Schlafzug nach Sapporo steigen, der uns durch den 54 Kilometer langen Seikan-Tunnel, den drittlängsten Tunnel der Welt, auf die Insel Hokkaido bringt. In Sapporo kommen wir dann 6 Uhr morgens an. Dort gibt’s erst Mal Frühstück. Danach geht es weiter in den Nord-Östlichsten Zipfel der Insel nach Shari. Zwischendrin haben wir in Asahikawa einen längeren Zwischenstopp. Zum Glück gibt’s hier am Bahnhof auch einen schönen Park, wo wir die Zeit mit einem Picknick „totschlagen“. Vom Bahnhof in Shari, wo wir so gegen 21 Uhr ankommen, müssen wir dann noch ein paar Kilometer zu Fuß zu unserem Campingplatz für die Nacht. Als wir in Shari ankommen, gehen wir aber erst mal in den nächst gelegenen Supermarkt, um uns fürs Abendessen und Frühstück einzudecken. Als wir uns bei einer der Verkäuferinnen nach dem Weg zum Camping-Platz erkundigen, holt die schnell ihre Autoschlüssel und schon sitzen wir in ihrem Autoauf dem Weg zum Camping-Platz. Die Japaner sind einfach klasse. Im Camp angekommen bauen wir dann zum ersten Mal unser Schnäppchen-Zelt auf und hoffen, dass es uns gut durch die Nacht bringt.
Mittwoch, 02.09.15
Nach einer guten Nacht in unserem „neuen“ Zelt sind wir gut erholt in Shari aufgewacht. Jetzt heißt es, Vollgepäck auf und ab zum Bahnhof, diesmal allerdings wirklich zu Fuß. Von da aus geht es mit dem Bus weiter nach in die kleine Stadt Utoro, wo wir die nächsten Tage zum Wandern in den Bergen des Shiretoko-Nationalparks verbringen und unseren ersten Mehrtages-Walk mit Zelt und allem Drum und Dran machen wollen. Wir gehen also zum Campingplatz und erkunden im Anschluss Utoro hautnah. Am Hafen gibt’s dann am Hafen frischen Fisch zum Mittag (Bild 3). Später hitch-hiken wir noch bis zum Informations-Center, um uns für unseren anstehenden Marsch noch die letzten Infos zu besorgen. Wir wollen von Iowabetsu zum Mount Rausu (auch Rausu Dake genannt) und dann weiter entlang der Gipfel über den Io-Zan zurück. Wir planen zwei Übernachtungen ein. Das Wetter soll auf jeden Fall gut werden. Auf dem Rückweg zum Camp, nun zu Fuß, bekommen wir schon einen guten Eindruck von der Idylle, die uns erwartet. Und auch der ein oder andere Hirsch und Fuchs kreuzen unseren Weg. Im Camp zurück gehen wir noch in das benachbarte Onsen (=Thermalbad; von denen gibt es aufgrund der heißen Quellen hier ganz viele) und entspannen noch einmal so richtig, bevor es morgen los geht.
Donnerstag, 03.09.15
Trek, Tag 1: Mit dem Bus fahren wir zunächst von Utoro nach Iowabetsu. Von da aus läuft man erstmal eine Stunde bis zu einem Hot Spring. Zum Glück werden wir auf dem letzten Stück mal wieder von einem lieben Japaner mit dem Auto mitgenommen. Nun heißt es aber: auf in die Berge Richtung Rausu Dake. Mit unseren großen Rucksäcken, die beide so ca. 15 Kilo Gewicht haben, schleppen wir uns langsam die Berge rauf. Auf einer kleinen Zwischenstation machen wir schließlich nach ca. 4 Stunden Schluss für heute und bauen unser Zelt am Wegesrand auf. Hier gibt’s auch eine Möglichkeit, unsere Lebensmittel „bärensicher“ zu verstauen. Denn von denen soll es hier einige geben. Auf dem Weg trafen wir heute immer wieder Leute, die uns von Bären berichten, die sie auf der Strecke gesehen haben. Einige haben auch Fotos gemacht. Uns ist bisher zumindest noch keiner über den Weg gelaufen…
Freitag, 04.09.15
Gut ausgeruht laufen wir heute weiter. Erstes Etappenziel ist der Rausu-Dake. Er ist mit 1661 Metern der höchste Berg in der Gegend und vor allem auf den letzten Metern ziemlich anspruchsvoll. Auf dem Plateau vor dem letzten Aufstieg lassen wir unser Gepäck, bis auf etwas Proviant und warme Klamotten in den bärensicheren Containern zurück. Je näher wir dann dem Gipfel kommen, umso rauher wird das Wetter. Oben angekommen wehen eisige Winde und die Aussicht ist durch Wolken verdeckt (Bild 4). Auf dem Weg nach unten kommt dann auch noch Regen dazu. Wir nehmen unsere Sachen wieder auf und überlegen noch, ob wir wegen des schlechten Wetters zurück zum letzten Nachtlager gehen sollten (ca. 1 Stunde) oder ob wir unseren geplanten Weg in die Berge weiter verfolgen sollten (ca. 4 Stunden). Wir entscheiden uns, weiter zu gehen. Als Belohnung dafür erhalten wir 5 Stunden lang Regen, Regen und nochmals Regen. Ab und zu gibt’s dazu noch einen Orkan, der uns das Laufen so richtig schön schwer macht. Der Weg ist dazu noch seit Ewigkeiten nicht mehr gepflegt worden. Oftmals erkennt man kaum noch, wie und wo es weiter gehen soll. Unsere Schuhe sind voller Wasser, unsere Klamotten sind vollkommen durch und wir erfrieren fast. Dazu werden die Rucksäcke mit jedem Schritt schwerer — kurz gesagt, wir sind ziemlich am Ende. Wir erreichen trotzdem irgendwann unser „Camp“ am Ufer eines Sees. Hier steht natürlich auch alles unter Wasser… Wir bauen unser Zelt im eisigen Regen auf; unsere Knochen zittern und unsere Nerven liegen blank. Im Zelt suchen wir unsere letzten trocken gebliebenen Sachen zusammen, schmeißen uns in die Schlafsäcke und werfen unseren Kocher an. Wir sind wirklich fix und fertig und kommen so gut wie nicht in den Schlaf…
Samstag, 05.09.15
Nachdem es die ganze Nacht durch geregnet hat und wir so gut wie nicht geschlafen haben, überlegen wir verzweifelt, was wir jetzt machen sollen. Selbst gegen Mittag regnet es immer noch in Strömen. Gott sei Dank hält zumindest unser Zelt relativ gut durch. Wir haben zudem aufgrund der inneren Anspannung bisher kaum etwas gegessen. Da das Wetter weiter so schlecht bleibt, haben wir nur 2 Optionen: im Regen 7 bis 9 Stunden bis zur nächsten Straße laufen und dort hoffen, Leute zu finden, die uns in die Stadt mitnehmen oder noch einen Tag auf besseres Wetter warten/hoffen… Wir entscheiden uns, noch einen Tag zu warten. Zum Glück wird das Wetter nach dem Mittag endlich etwas freundlicher. Die Sonne kommt raus und wir können langsam ein paar Sachen trocknen und uns aufwärmen (Bild 5). Der Tag wird immer besser und so auch unsere Stimmung (Bild 6). Mal sehen wie es morgen wird…
Sonntag, 06.09.15
Heute setzen wir unseren Trek endlich fort. Nach den letzten beiden nervenzehrenden Tagen ist das Wetter heute super. Wir starten früh am Morgen und laufen auf den Gipfeln der Berge auf ca. 1500 Metern entlang und genießen die schöne Aussicht bis runter zum Meer (Bild 7). Auf dem Weg kommen wir allerdings manchmal auch an Passagen lang, die es so wohl in Deutschland nicht ohne Sicherungen geben würde. Vor allem Ela sind die Gratwanderungen nicht geheuer. Da hilft es, dass ab und zu auch ein Japaner an uns vorbei kommt und uns den Weg „vormacht“. Vorbei am Io-Zan, dessem Gipfel wir aufgrund der starken Bewölkung diesmal auslassen, nähern wir uns langsam aber sicher dem Ende der Strecke. Wir kommen schließlich auf der Straße nach Utoro raus. Von hier aus sind es allerdings noch einige Kilometer zu gehen. Wir versuchen also, per Anhalter in die Stadt zu kommen und gleich nach ein paar Versuchen nehmen uns schließlich 3 Studentinnen in ihrem Auto mit (Bild 8). Selbst mit dem Auto dauert die Farht in die Stadt fast eine halbe Stunde. In Utoro angekommen decken wir uns mit Essen für den Abend und zum Frühstück ein, bauen unser Zelt wieder auf dem hiesigen Camping-Platz auf. Heute schenkt uns der Himmel sogar noch einen traumhaften Sonnenuntergang (Bild 10). Am Abend dann gehen wir wieder in das Onsen nebenan. Bereits seit 2 Tagen haben wir sehnsüchtig daran gedacht, hier in den heißen Quellen zu liegen, uns aufzuwärmen und unsere verkrampften und schmerzenden Muskeln und Knochen zu entspannen.
Am Ende müssen wir trotzdem zugeben: Trotz des katastrophalen Wetters am zweiten Tag war der Trek klasse. Die Wege sind nur leider sehr oft, vor allem für Wanderer mit großen Rucksäcken, nahezu undurchdringlich. Das Wetter kann man nun einmal nicht beeinflussen aber die Aussicht und die Natur waren wirklich traumhaft schön.
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